cass Verlag 2017, 52 Seiten
Meistgelesener Autor in Japan. Und eine fast typische Künstlerbiografie, Entfremdung mit der Moderne, ein Intellektueller in Japan, einem schuldbeladene, zerrissenen, zerstörten Land, das sich auf seine Traditionen nicht mehr verlassen kann – aber eigentlich nur noch sie hat.
Dazai unternahm diverse Selbstmordversuche (Doppelselbstmordversuche mit Frauen sogar) und einen endgültigen Selbstmord. Das erfüllt dann für uns Westler gleich mehrere Klischees – Stichwort Harakiri. Und für uns Deutsche gibt es noch eine Prise teutonisch romantischer Anwandlung a al Werther oder real Heinrich von Kleist dazu. Da ist es unser Wunschbilder vom mal zarten Schriftsteller und mal saufenden, hurenden Künstler, der durch seine Biografie allein schon irgendwie Kunst ist und am Ende an der Welt verzweifelnd selbst aus ihr scheidet.
Der Klassiker von Dazai ist das Buch „Gezeichnet“ eine „fiktional biografisches“ Buch, das Dazais Künstlerwerdung zwischen Ablehnung, Größenwahn, Suff und Sex, Absturz und gesellschaftlicher Ächung und Achtung erzählt.
In dieser schmalen Erzählung bekommt ein in Tokio ausgebombter Mann, zurückgekehrt in seine Heimatstadt, eines Abends Besuch von einem ehemaligen Schulkameraden, an den der sich aber gar nicht erinnern kann. Er führ sich von der ersten Minute an (auch für europäische Verhältnisse) anmaßend, frech, laut, belästigend, polternd und peinlich auf. Doch der Ich-Erzähler lässt ihn machen und sagen, was er will und sinniert derweil über die Kraft der Duldung und wie daraus in Japan Helden werden.