Alexander Osang: Fast Hell

Ich hatte den Titel Englisch verstanden, weil Osang ja auch lang in USA Korrespondent des Spiegel war: FAST HELL, Schnelle Hölle, das wär doch ein toller Titel. Auf Deutsch ist er dagegen so lyrisch-zärtelnd… 

Ist zwei Jahre her, dass ich es gelesen habe und mir ist erstaunlich wenig in Erinnerung – bis auf ein schönes Leseerlebnis. Das Buch ist wie eine angenehme Bahnfahrt mit vielen Gedanken, Einsichten und Reflexionen, ohne dass einem nach drei Stunden die Landschaft vor den Fenstern besonders im Gedächtnis geblieben wäre.

Der Roman ist auch wie On the Road von Kerouac ein Erinnerungsbuch, das Zeitgeist und das eigene Leben anhand eines anderen, wilden, freien, schwierigen Charakters erzählt. In On the Road ist das die Figur Dean Moriarty, die auf seinem Freund Neil Cassady beruht, der all die Bewegung, aus dem das Buch besteht, antreibt, ja sogar die Sprache erschuf, die Kerouacs Buch berühmt machte.
Osangs Neil Cassady heißt Uwe. Ein Mann in Teilen Ost-James Bond, Betrüger, Weltenbummler, Erzähltalent und Enigma. Zugleich wie bei On the Road gibt es ein narratives Setting und ein klares Ende: Bei Kerouac das Ende der Straße, bei Osang sind es vier gemeinsame Tage auf See. 

Osang hatte den Auftrag für den Spiegel etwas über die „rätselhaften Ostdeutschen“ aufzuschreiben. Ihm fiel Uwe ein. Daraus wurde FAST HELL: fiktive Dokumentation eines und seines Lebens, eine Biografie über Bande, die auch etwas über das Leben an sich erzählt. 

Uwe war sicher kein typischer DDR Bürger, aber vielleicht einer, an dem die Brüche, Hoffnungen, Geheimniskrämerei, Selbstlügen, Zweifel und Freigeist – manchmal an der Grenze zum Freidrehen – einiger ehemaliger DDR Bürger deutlich werden. Sein Leben sind Splitter deutsche Geschichte und Splitter persönliche Geschichte, die dieses Buch wie ein Magnet zu einem Bild formt. 

Osang erzählt in seinen Büchern immer wieder über die Brüche und menschlichen Unzulänglichkeiten und Lügen, Rettungsversuche und Hoffnungen. Von Leuten, die aufbrechen, immer wieder neu anfangen, irgendwann von alten Geschichten eingefangen werden. Und er scheint auch in diesem Buch uns Leser um Nachsicht zu bitten gegenüber diesen Menschen. Menschen, die Fehler machen, Dummes, manchmal auch Schlechtes machen, aber die leben wollen, frei sein wollen.  

„Zwei Ostberliner Jungs, aufgehalten in ihrer lebenslangen Flucht, eingeschlossen in der Zeit wie Bernstein… Es gab kein zurück mehr, nur noch unsere Erinnerungen.“ Fast der letzte Satz dieses suchenden, mal melancholischen, mal selbst von den Irrungen und Umwegen und Überraschungen ergriffenen Lebens.