Was soll man in 600 Worten zu einem Roman von fast 900 Seiten sagen? Dass er mich in seiner „grandios verlaberten“ Sprache, mit seinen Gedankenschleifen und den en détail beschriebenen Alltagshandlungen, dem Aufräumen und den Autofahrten, dem und Tür-auf-Tür-zu und den endlosen klugen, albernen, erschütternden, beruhigenden, schauderhaften und wunderbaren Gedanken dazwischen, dass er mich von der ersten bis zur letzten Seite getragen hat! Die Welt geht unter, aber das Leben geht weiter.
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Das gilt immer: KÄMPFEN von Karl Ove Knausgard
Dieses Knausgard Buch ist beglückend und erhellend. Knausgard hat eine über viertausend Seiten umfassende, sechsbändige Serie in nur drei Jahren geschrieben (der letzte Band schon 2011 in Norwegen erschienen). All das, um sein Leben zu erzählen. Aber es ist keine Autobiografie. Die Bücher sind nicht chronologisch. Und Knausgard war bis zum Erscheinen der ersten drei Bücher nur Experten skandinavischer Literatur ein Begriff, eine Biografie zu schreiben wäre also einigermassen vermessen erschienen. Und weil Knausgard, wie wir lernen in seinen Büchern, durch mangelndes Selbstbewusstsein und ewige Selbstzweifel gequält wurde, wäre er wohl als letzter auf die Idee gekommen, sein Leben zu erzählen. Er meinte nämlich: Was hab ich schon zu erzählen.
Und dann stirbt sein Vater. Und Knausgard wählt die radikale Erinnerung mit (weitgehend) Klarnamen und beschreibt hochdetailiert einfach nur Alltag aus Aufstehen, Arbeiten, Studium, Saufen, Kinderkriegen und -haben, Kaffeetrinken, Putzen, Kochen, Rauchen, Reden. Unterbrochen von Reflexionen über das Große und das Ganze, sein Leben, die Kunst, die Welt, die Menschen, Gefühle, Schreiben, Wollen und Können, Scheitern und Glück. All das erregte eine Menge Menschen. All das traf einen Nerv. All das hat mit uns zu tun, auch wenn es scheinbar nur um einen speziellen Mann geht, seine Jugend, seine Karriere, seine Familie. Unsere Gegenwart.