Es gibt witzige Krimis, Mörder-Biopics und Crime-Dokus, es gibt Agatha Christie Style Krimis, Weltraumkrimis oder wie Der Name der Rose Mittelalterkrimis. Es gibt Skandinavien Krimis (und meist schreckliche deutsche Regionalkrimis), Anwaltskrimis, Inselkrimis, es gibt US Serienmörder Krimis, es gibt Horror&Geister- oder Theaterkrimis oder kulinarische Krimis, Dorf-, Land- und Großstadtkrimis und unzählige weitere Cross-Over Formate. Es gibt Krimis mit einsamen, depressiven, versoffenen, hyperintelligenten, schizophrenen oder kriminellen Ermittlern, mit mordenden, lüsternen, verlassenen Kommissarinnen oder Surfer-Detektive oder Ex-Irgendwas Privatermittler, es gibt Omas oder Kinder, die Fälle klären. Und es gibt die Bücher von Candice Fox.
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Sarah Pinborough: Sie weiß von dir
rororo, 2016, 464 Seiten
Das Buch war Empfehlung von Stephen King auf Twitter und dann noch der Literaturfiffi im Radio, der es toll fand: GANZ falsch konnte das Buch also nicht sein – sollte man meinen. Aber dieser langatmig, weitschweifige, von Adjektiven und Adverbien überschwemmte, seitenweise sich in Klein-Klein-Beschreibung verlierende Roman ist nicht einfach nur zu dick, zu lang und voll. Nein, das angeblich so „überraschende“ Ende ist eine erstaunliche Mischung aus Humbug und billigem Autoren-Trick wie Geheimtüren oder unbekannten Zwillinge in Trash-Thrillern, die am Ende die Auflösung des Rätsels sein sollen. Und dazwischen: Geschwätz, Redundanz, laaaaange Beschreibungen, sprachliche Ödnis.
Das überrascht gerade, weil Stephen King so viel Wert auf nüchterne, kantige, abgespeckte Sprache legt (wie er selbst hier schreibt), überrascht seine Empfehlung. Diese Sprache ist wie Popcorn: Riesentüte, kein Gehalt und seltsam aufgebläht schlägt man das Buch am Ende zu.
Möchte man das Buch zusammenfassen, gelingt das in einem einzigen Satz – und weiß doch alles, was der Roman zu sagen hat: Frau beginnt Affäre mit ihrem Chef (Psychologe) und seine Frau weiß das irgendwie (Psychopathin) und strickt einen Plan, um ihn zurückzugewinnen, der zu einer Persiflage aus Arztroman, Herz-Schmerz-Rosamunde-Pilcher (Frau mittleren Alters in der Krise, beste Freundin wird schlimmste Feindin usw) und Bodysnatcher Geschichte gerät – inklusive Seelenwanderung. Für den Mist braucht Pinborough fast 500 Seiten.
Muss gestehen, dass ich von den letzten 200 Seiten nur noch immer die ersten Sätze der Absätze gelesen habe und irgendwann erstaunt war, dass NICHTS verloren geht und ich die Geschichte so ganz locker begreife – nur 5 x so schnell und dabei auf detaillierte Schilderungen von Tee machen, beim Nachbarn quatschen, Reflexionen über warum der urlaubende Sohn oder die Kollegin oder man selbst nicht so ist, wie man gern wäre.
Alle Figuren bis auf den Mann erzählen aus ICH-Perspektive, was es noch schlimmer macht, wegen Weitschweifigkeit und Selbstbespiegelung und Warum-nur-macht-er/sie-Sätzen, dann gibt es allerlei Rückblicke und eingeflochtene Notizbücher und Traumschilderungen und – verboten! – mehrmalige Erklärungen , wie alles zusammenhängt, so eine Art Zusammenfassung für Begriffsstutzige. Da kommt einem Edgar Wallace wie Kunstkino vor.
HERRgott wollte ich zwischendurch rufen: Sarah, KASSE DICH FURZ!
Ich mach das jetzt.